Anna Jermolaewa

Research for Sleeping Positions, Video, 18 min., 2006

video

Research for Sleeping Positions
Ansicht: Kunsthalle Krems, 2012 / Foto: Christian Redtenbacher
Research for Sleeping Positions
Kamera: Manfred Grübl
Research for Sleeping Positions
Kamera: Manfred Grübl
Research for Sleeping Positions
Kamera: Manfred Grübl

Die Arbeit bezieht sich auf Anna Jermolaewas Ankunft in Wien im Mai 1989, als sie nach ihrer Flucht aus der Sowjetunion einige Tage auf einer Bank am Westbahnhof verbrachte. Ohne Pathos filmt sich die Künstlerin 17 Jahre nach ihrer Auswanderung bei dem schier aussichtslosen Versuch, auf dem Bahnhofsmobiliar eine geeignete Schlafposition zu finden, und weist damit auf das unbequeme Design von Sitzmöbeln im öffentlichen Raum hin, das dazu gedacht ist, das Verweilen von Obdachlosen zu unterbinden. Ungeachtet der subtilen Bevormundung durch den Staat präsentiert sich das Milieu des Westbahnhofes weniger als Beispiel eines modernen Transitraumes und Konsumparadieses denn als Sammelbecken und Treffpunkt derer, die am Rand der Gesellschaft stehen.
Alexandra Hennig

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Research for Sleeping Positions ist ein Video, das indirekt auch an die eigene Migration der Künstlerin anknüpft und als Selbstreflexion innerhalb des Spiels von Erinnerung und Realität dient. Jermolaewa hatte im Mai 1989 nach ihrer Ankunft in Wien einige Tage auf einer Bank am Westbahnhof verbracht und wollte 17 Jahre später testen, wie sich das heute anfühlen würde. Die Künstlerin, die von ihrer eigenen Kamera beim Schlafen beobachtet wird, kann keine Ruhe finden. Sie probiert viele Varianten. Verrenkt sich, um doch eine halbwegs passable Stellung auf dem homeless-feindlichen Stadtmobiliar der Öffentlichen-Raum-Gegenwart zu finden, was ihr kaum gelingt. Der marxistische Stadttheoretiker Mike Davis hatte bereits Ende der 1980er Jahre auf die Restriktion des Mobiliars auf den öffentlichen Plätzen in Los Angeles aufmerk - sam gemacht und darauf hingewiesen, dass die Bänke so gestaltet werden würden, dass sie von niemandem mehr zum Schlafen verwendet werden könnten. 1989 bot der Wiener Kopfbahnhof am Ende Westeuropas noch eine Möglichkeit, halbwegs geschützt die Nacht zu überstehen. Heute sind auch in Osteuropa Bahnhöfe von Konsum - paradiesen umgeben, die durch private Security- Firmen vor Obdachlosen und Leuten mit wenig Geld geschützt werden und ihre eigentliche Funktion als öffentlicher Verkehrsknotenpunkt mit eventueller Herberge aus den Augen verloren haben. Jermolaewas Video ist auch eine Bestätigung von Davis’ Beobachtung.

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Research for Sleeping Positions is a video that indirectly also ties in with the own migration of the artist and serves as a self-reflection within the game of recollection and reality. In May 1989, after her arrival in Vienna, Jermolaewa had spent several days on a bench at the Westbahnhof, and seventeen years later she wanted to find out what this would feel like today. The artist, filmed by her own camera as she tries to sleep, is restless. She tries out many variations. Contorts herself to try and find a halfway suitable position on the anti-homeless street furniture, which is hardly possible. The Marxist urban theorist Mike Davis had, at the end of the 1980s, already brought attention to the restriction of furniture in public squares in Los Angeles and pointed out that the benches were intentionally designed so nobody could use them to sleep on. In 1989, the Vienna railhead station at the end of western Europe still provided an opportunity to get through the night with some degree of protection. Today, even in eastern Europe, stations are surrounded by commercial zones protected by private security from the homeless and people with little money, and have lost sight of their actual function as public transport hubs, perhaps even with hostels. Jermolaewa’s video is also a confirmation of Davis’ observation. —Hedwig Saxenhuber